Firuz Askin – Altmeister der Groschenheftkunst

Wie ich im Jahr 2015 mit einiger Verspätung erfuhr, ist Herr Firuz Askin 2011 verstorben.

Im April 2007 begegnete ich ihm persönlich. Anlässlich zweier Buchcover, die ich bei ihm in Auftrag gab, besuchte ich ihn in seinem Münchner Atelier in der Grimmstraße 5. Es war seit bestimmt vierzig Jahren unverändert und atmete den Charme seines mit ihm gealterten, unermüdlich arbeitenden Künstlers. Das Atelier befand sich im Erdgeschoss, ich meine, Herr Askin wohnte im selben Haus, auf einer anderen Etage.

Nach der Begrüßung galt es zuerst, mit einem Whiskey Freundschaft zu schließen. Obwohl ich damals nicht trank, stieß ich dennoch mit dem Meister an, der immer eine Zigarette im Mund oder im Aschenbecher warten hatte.

Auf meine Nachfrage erklärte mir Herr Askin, dass sein Name eigentlich Aşkın sei – gesprochen „Asch-kn“ (das kleine i ohne Punkt bleibt stimmlos). Der Name bedeutet: „deine Liebe“: aşk = Liebe, die Endung ın ist das Suffix, das die zweite Person Singular, du, anzeigt.

Der 1924 in Istanbul Geborene lebte seit Ende der Fünfzigerjahre in München. Sein Deutsch war gut, aber er sprach mit starkem Akzent. Wenn wir später miteinander telefonierten, hatte ich manchmal Mühe, ihn zu verstehen. Ich erinnere mich an seine nicht sehr tiefe, raue Stimme und seine langsame, aber amüsiert klingende Sprechweise – so, als säße ihm ein Schalk im Nacken.

Bald besprachen wir den Inhalt der beiden Heftromane, damit wir die Motive für die Covergestaltung festlegen konnten. Er wollte alles ganz genau wissen, die Handlung, die Beziehung der Personen zueinander, und wo die Geschichten spielen.

In Liebe und Erdöl  gibt es einen Erdölmagnaten mit Zylinder, eine graue Eminenz, eine fremdländische Prinzessin, den Eiffelturm, den Big Ben, die Bakuer Ölfelder und schließlich einen Oldtimer, in dem die Prinzessin mit ihrem Geliebten, der einen flatternden weißen Schal trägt, durch Paris fährt.

Askin erklärte mir seine Arbeitsweise: Stundenlang suche er in alten Illustrierten, Katalogen und Bildbänden nach geeigneten Vorlagen für die Motive. Wie er mir später sagte, hat er das Aussehen der Prinzessin einem alten Foto der Schauspielerin Lilian Gish nachempfunden. Entweder die graue Eminenz oder der Erdölmagnat wurden von dem Herrn aus der Dujardin-Weinbrandreklame inspiriert, die alle über Fünfzigjährigen noch gut kennen. Das im Roman genannte Auto, ein Amilcar, war schnell zu finden.

Im Arrangement der Figuren mit den sonstigen Motiven sieht man Askins Meisterschaft.

Nach den ersten Entwürfen malte er dann mit Wasserfarben in Aquarelltechnik. Seine Originale haben das Format 31 Breite, 46 Höhe (das eigentliche Gemälde) auf einem Papierbogen, der nur wenig größer ist.

Das zweite Bild, das er für mich malte, war für den Heftroman Manuela, der teils in Portugal spielt und in dem der Autor den in den 1920er-Jahren vorgefallenen Geldfälscherskandal aufgriff. Damals ist einem gewissen Alvez dos Reis gelungen, die Londonder Geldscheindruckerei Waterloo & Sons zu überzeugen, er bestelle im Auftrag der Banco do Portugal 200.000 Scheine á 500 Escudos. Man weiß also, wie diese Scheine ausgesehen haben. Wie genial Askin diesen Geldschein für das Buchcover reproduziert hat, muss man gesehen haben – siehe unten!

Weiterhin beauftragte ich ihn mit zwei „Vignetten“. Eine Vignette ist die fast halbseitengroße Zeichnung, die sich auf der ersten Seite eines Heftromans befindet. Sie zeigen im Falle dieser beiden Romane Lissabon und den Hafen von Batumi (Georgien).

Die hier beschriebenen Bilder (Cover und Vignetten) hängen im Original in meinem Büro und ich bin sehr stolz auf sie. Außerdem bin ich noch im Besitz von zwei weiteren Gemälden, fertiggestellte aber nicht verwendete Coverentwürfe, sowie einige Vorarbeiten, die mir Herr Askin zugesandt hatte.

Im Nachhinein bin ich sehr froh und stolz darauf, diesem großen Künstler, dem Altmeister der Heftromangestaltung noch begegnet zu sein.

Ein Foto machte ich damals zur Erinnerung. Im Hintergrund sieht man Askins Gemälde des bekannten Fotos, auf dem Zar Nikolaus II. in Försterkluft auf einem Baumstamm sitzt.

Ein schöner Nachruf findet sich hier: http://www.comic-report.de/index.php/news/61-restinpeace/179-gestorben-firuz-askin

Besuchen Sie auch Herrn Askins eigene Website, die Gott sei Dank noch gehostet wird:  http://firuz-askin.com/ und klicken Sie durch die wunderbaren Groschenheft-Cover.

 

    

 

 

     

 

Vignette „Lissabon“

Vignette „Hafen von Batumi“